Klimakrise und gesellschaftlicher Wandel
Die Ringvorlesung zur Klimakrise ist vergangenen Dienstag wieder in ein neues Semester gestartet. Den Auftakt machte Prof. Dr. Stefan Aykut, der uns einen Einblick in die aktuelle Situation der Klimapolitik gab: wo stehen wir heute? Und was bräuchte es für eine umfassende Klimawende?
Prof. Dr. Stefan Aykut ist Professor für gesellschaftliche Dynamiken der ökologischen Transformation an der Uni Hamburg und forscht hier vor allem dazu, wie wir als Gesellschaft ökologischen Problemen begegnen. Hierfür hat er beispielsweise schon oft an der Weltklimakonferenz (COP) teilgenommen.
Sein Vortrag beleuchtete zunächst einige der bisherigen Schritte der globalen Klimagovernance:
Zu Beginn wurde mit dem Ansatz gearbeitet, über Konferenzen und Protokolle explizite und verbindliche Ziele, Regeln und Normen zu vereinbaren. Der IPCC wurde gegründet und im Kyoto-Protkoll hatten sich Staaten zum ersten Mal auf verbindliche Emissionsreduktionsziele für Industriestaaten, in klarer Abgrenzung von Entwicklungsstaaten, geeinigt. Auch Sanktionen waren dort vorgesehen, welche allerdings schlussendlich nicht angewandt wurden. Unter anderem deshalb setzte das darauffolgende Pariser Klimaabkommen auf eine weiche Koordination mit Selbstverpflichtung, impliziten Normen, selbstbestimmten Klimaplänen, einen stärkeren Einbezug von Städten und Kommunen und einen globalen Kassensturz. Zusätzlich wurden harte globale Ziele als Kern des Abkommens festgehalten: die globale Erwärmung soll deutlich unter 2°C, nach Möglichkeit unter 1,5°C, bleiben und Finanzströme sollen angepasst werden, unter anderem durch Ausgleichszahlungen von mindesten 100 Milliarden Dollar ab 2020, womit die Hauptverursacher im globalen Norden die am stärksten betroffenen Staaten im globalen Süden entschädigen sollen. Auch im Hinblick auf die jährlich stattfindenden Klimakonferenzen hatte sich einiges gewandelt und diese wurden auch für die Öffentlichkeit immer weiter zugänglich gemacht. Neben den Verhandlungen gibt es dort mittlerweile auch Austauschmessen und Netzwerkräume, Aktionen und eine breite Mobilisierung (auch auf der Straße).
Obwohl noch viele offene Fragen bestehen und Konfliktfelder bestehen - wie zum Beispiel der Umgang mit Interessenkonflikten, genaue Finanzierungspläne, klare Dekarbonisierungswege - gibt es Fortschritte. Alle Länder dieser Welt stehen im Austausch zur Klimakrise, vermehrt gibt es Klimaklagen gegen besonders schädliche Akteure und die mediale Aufmerksamkeit für das Thema wurde erhöht. Aber natürlich ist auch noch viel Luft nach oben: die Verhandlungen müssen weiter verschärft werden und es braucht Proteste und gesellschaftliche Resonanz, damit politische Maßnahmen Erfolg haben können. Schließlich zählt jedes Zehntel Grad!
Abgerundet wurde die Vorlesung durch 4 Thesen zur Gesellschaft der Klimawende:
- Das Klimaproblem ist kein klassisches Umweltproblem
- Die Vorstellung einer globalen Klimawende nur durch Technik ist trügerisch
- Die Klimawende schöpft ihre Dynamik vor allem aus einer breiten gesellschaftlichen Teilhabe und Trägerschaft
- Zentral für die Zukunft ist, wie die Klimawende eine selbsttragende gesellschaftliche Dynamik entfalten kann
Nach diesem spannenden Vortrag freuen wir uns schon auf den nächsten Input am 15. April zu Klimakrise und Migration.